Definition und Wortherkunft
Der Begriff „Blue Collar Worker“ bezeichnet Arbeitnehmer:innen, die überwiegend körperliche Arbeit verrichten. Diese Tätigkeiten finden sich in so unterschiedlichen Bereichen wie Produktionsbetrieben, auf Baustellen, in der Gastronomie, im Pflegebereich oder im Handwerk. Der Begriff „Blue Collar“ leitet sich von der traditionellen Arbeitskleidung ab, die in diesen Berufen getragen wird: blaue Overalls, die aufgrund ihrer Strapazierfähigkeit ideal für die körperlich anstrengende und oft schmutzige Arbeitsumgebung geeignet sind.
Blue-Collar-Berufe umfassen jedoch nicht nur körperlich anstrengende Arbeiten, sondern ein breites Spektrum an Tätigkeiten:
- Einfache Tätigkeiten: Tätigkeiten, die keine besondere Ausbildung erfordern.
- Hoch qualifizierte Tätigkeiten: Spezielle Fähigkeiten und oft auch spezielle Lizenzen oder Zertifikate sind erforderlich, z. B. Schweißer oder Maschinenbediener.
- Studentische und Aushilfstätigkeiten: Auch Werkstudierende, Praktikant:innen und Volontär:innen zählen zu den Blue-Collar-Beschäftigten.
Blue Collar Worker spielen eine entscheidende Rolle in der Wirtschaft: In vielen Fällen bilden sie die Grundlage für die Produktion und den Betrieb vieler Unternehmen. Ihre Arbeit ist oft mit physischen Herausforderungen verbunden, die nicht nur körperliche Ausdauer, sondern auch technische Fertigkeiten und manchmal die Fähigkeit, unter schwierigen Bedingungen zu arbeiten, erfordern.
Abgrenzung: Blue Collar vs. White Collar
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Blue-Collar- und White-Collar-Berufen liegt in der Art der ausgeübten Tätigkeiten. Während Blue-Collar-Jobs körperliche Arbeit erfordern, umfassen White-Collar-Jobs hauptsächlich Büro- und Verwaltungstätigkeiten. Der Begriff „White Collar“ leitet sich von den weißen Kragen der Hemden ab, die für Büroangestellte typisch sind. Diese Berufe erfordern häufig einen höheren Bildungsabschluss und konzentrieren sich auf geistige Arbeit.
Neben Blue Collar und White Collar gibt es noch die Begriffe Pink Collar und Grey Collar. Pink Collar bezieht sich auf Berufe, die traditionell von Frauen ausgeübt werden, wie etwa Pflegeberufe oder Sekretariatstätigkeiten. Grey Collar umfasst sowohl körperliche als auch geistige Tätigkeiten und findet sich häufig in Bereichen wie Technik oder Sicherheitsdiensten.
Herausforderungen im Blue Collar Recruiting
Trotz fortschreitender Digitalisierung und Automatisierung bleibt die Nachfrage nach qualifizierten Blue-Collar-Fachkräften hoch und die entsprechenden Stellen sind immer schwieriger zu besetzen. Die Gründe hierfür möchten wir euch in diesem Abschnitt einmal in Kürze zusammenfassen.
Fachkräftemangel: Blue-Collar-Branchen wie Handwerk, Produktion und Industrie kämpfen mit Personalmangel und hoher Fluktuation. So berichteten in einer Onlyfy-Studie aus dem Jahr 2023 83 Prozent der befragten Recruiter:innen von einem generellen Mangel an Arbeitskräften auf dem Markt. 93 Prozent wiederum gaben explizit an, Schwierigkeiten zu haben, Blue Collar Positionen zu besetzen.
Negative Wahrnehmung und demografische Herausforderungen: Handwerksberufe haben oft ein negatives Image, das es schwer macht, junge Menschen für diese Berufe zu begeistern. Der demografische Wandel und der Trend zur Akademisierung verschärfen den Fachkräftemangel zusätzlich. Viele junge Menschen streben einen akademischen Abschluss an, wodurch weniger Nachwuchs in handwerkliche und technische Berufe drängt.
Wünsche der Fachkräfte passen nicht zu den Vorstellungen der Recruiter:innen: Viele Fachkräfte wünschen sich laut onlyfy-Studie einfache Bewerbungsprozesse.
- 45 Prozent möchten sich über mobile Endgeräte bewerben.
- 20 Prozent bevorzugen eine One-Click-Bewerbung.
- 35 Prozent möchten auf ein Anschreiben verzichten.
- 20 Prozent würden sich gerne ohne Lebenslauf bewerben.
Demgegenüber legen jedoch 84 Prozent der Personalverantwortlichen Wert auf einen Lebenslauf und 56 Prozent verlangen eine vollständige Bewerbungsmappe.
Strategien für erfolgreiches Blue Collar Recruiting
Imagekampagnen
Eine der wichtigsten Strategien im Blue Collar Recruiting ist die Verbesserung des Images von handwerklichen und technischen Berufen. Initiativen, die die Bedeutung und Attraktivität dieser Berufe hervorheben, können dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und das Interesse junger Menschen zu wecken. Ein starkes Employer Branding, insbesondere in ländlichen oder industriell geprägten Regionen, kann die Attraktivität des Unternehmens zusätzlich steigern.
Ausbildungsprogramme & Informationsveranstaltungen
Junge Menschen frühzeitig abzuholen und sie für handwerkliche und technische Berufe zu begeistern, ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Recruiting-Strategie. Ein Beispiel für gelungene Ansprache von Jugendlichen ist auf der Website von Siemens zu finden:
Siemens bietet Schüler:innen vielfältige Möglichkeiten zur Berufsorientierung. Dazu gehören Schülerpraktika in IT-, kaufmännischen und technischen Berufen sowie spezielle Orientierungspraktika für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 11. In Techniklaboren und Projekten können sie praktische Erfahrungen in Elektrotechnik, IT, Robotik und Mechatronik sammeln. Überdies gibt es duale Ausbildungs- und Studiengänge, die Theorie und Praxis verbinden. Unterstützende Angebote wie Beratung und Informationsveranstaltungen helfen bei der Berufsorientierung.
Vereinfachung des Bewerbungsverfahrens
Durch die Implementierung von mobilen Bewerbungsplattformen und die Möglichkeit der One-Click-Bewerbung kann der Prozess beschleunigt und attraktiver gestaltet werden. Der Verzicht auf überflüssige Bewerbungsunterlagen senkt die Einstiegshürden für potenzielle Bewerber.
High Volume Recruiting
High Volume Recruiting erfordert schnelle und präzise Prozesse, um viele Positionen effizient zu besetzen. Strukturierte Einarbeitungsprogramme können frühzeitige Fluktuation vermeiden und die Sichtbarkeit kleinerer Unternehmen gegenüber größeren Wettbewerbern erhöhen.
Ansprache von mehrsprachigen Arbeitskräften
Eine mehrsprachige Belegschaft erfordert effektive Kommunikationsstrategien und mehrsprachige Karriereseiten, um eine vielfältige Belegschaft anzusprechen und zu integrieren.
Recruiting Videos
Gut durchdachte Recruiting-Videos haben ein riesiges Potenzial zur Gewinnung von Fachkräften und zahlen auf die Employer Brand des Unternehmens ein. Ein großartiges Beispiel aus dem Jahr 2023 ist die großartige Parodie des Formats „7 vs. Wild“ der GB Gartenbau GmbH aus Willich, das dem Unternehmen einige Bewerbungen eingebracht haben dürfte.
Kurze Bewerbungsprozesse
Wie wir bereits weiter oben erfahren haben, ist das Bedürfnis nach Einfachheit bei Blue-Collar-Fachkräften groß. Unternehmen sollten es ihren Bewerber:innen so leicht wie möglich machen, ihre Bewerbungen einzureichen. Hat eine Stelle niedrige Anforderungen, ist es naheliegend, auf so viele Unterlagen wie möglich zu verzichten.
Blue Collar Sourcing
Active Sourcing ist eine Methode, bei der gezielt nach geeigneten Fachkräften gesucht und diese direkt angesprochen werden, um schwer zu besetzende Positionen effektiv zu füllen. Mehr dazu gibt es in unserem Glossareintrag zum Thema Active Sourcing. Das Verständnis der Bedürfnisse der Zielgruppe und die Nutzung geeigneter Kanäle sind entscheidend für den Erfolg im Blue Collar Sourcing. Neben Business-Plattformen wie LinkedIn und XING sind auch Nischenforen wie Reddit und klassische Social Media Seiten wie X (ehemals Twitter), Instagram und Facebook wichtige Instrumente.
Blue Collar Recruiting messbar machen
Datenbasiertes Recruiting ist auch im Blue-Collar-Bereich von entscheidender Bedeutung. Nur wer kontinuierlich Daten über seine Recruitingkampagnen sammelt und analysiert, kann seinen Recruitingprozess effektiv verfeinern und seine Recruitingstrategie verbessern – ganz ohne Bauchentscheidungen.
Um den Erfolg von Blue Collar Recruiting zu messen, können verschiedene Kennzahlen herangezogen werden:
- Anzahl der Bewerber: Anzahl der eingegangenen Bewerbungen pro Stelle.
- Time-to-Hire: Durchschnittliche Zeit bis zur Besetzung einer Stelle.
- Mitarbeiterbindung: Prozentsatz der Mitarbeiter:innen, die das Unternehmen in der Probezeit verlassen.
Fazit: Wohin geht die Reise im Blue Collar Recruiting?
Die Zukunft des Blue Collar Recruitings wird stark von der fortschreitenden Digitalisierung und dem Einsatz moderner Technologien geprägt sein. Die Mehrheit der Arbeitnehmer:innen bevorzugt bereits heute Online-Bewerbungen, wobei E-Mail und Online-Bewerbungsformulare am beliebtesten sind. Mobile Bewerbungswege sind ebenfalls auf dem Vormarsch, allerdings stellen Karriereseiten mit unpraktischen Formularen und Log-in-Zwängen noch immer Hürden dar.
Die Herausforderungen im Blue Collar Recruiting lassen sich auf drei Hauptprobleme reduzieren: Der Fachkräftemangel, das negative Image handwerklicher Berufe und der demografische Wandel stellen die Unternehmen zweifellos vor große Probleme. Um diesen Problemen zu begegnen, müssen die Unternehmen ihre Strategien anpassen und die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen besser verstehen.
Weiterführende Quellen: