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Ist euch schon einmal das Vorurteil begegnet, dass ITler irgendwie „anders“ sind? Auf meiner letzten CeBIT vor etwa 15 Jahren war ich recht angetan von Gunter Duecks „ITler = Katzen“-Analogie. Seitdem habe ich ehrlich gesagt nichts Besseres gefunden.
Warum eine Zielgruppenanalyse?
Wenn IT-Fachkräfte so speziell sind, müsste man sich nicht um eine artgerechte Haltung kümmern? Diese beginnt sicherlich bereits beim Recruiting. Da es bei uns meist um gut geplante und durchdachte Talent Acquisition geht, sind wir der Meinung, dass gut durchdachtes IT-Recruiting über Erfolg und Misserfolg entscheidet.
Einige von euch kennen sicherlich das Persona-Konzept aus dem Marketing und haben es vielleicht sogar adaptiert. Es ist ein guter Ansatz, darüber nachzudenken, welche Eigenschaften die Zielpersonen unserer Personalmarketingmaßnahmen aufweisen könnten. So entwickelt man erste fundierte Annahmen darüber, was unsere Zielgruppe bewegt bzw. wo sie sich wahrscheinlich (online und offline) aufhält. Danach kann man die Kanäle und die Botschaften der Recruiting-Kampagnen ausrichten. Ein gutes Beispiel:
Doch eine gründliche Zielgruppenanalyse kann über das Persona-Konzept hinausgehen. Viele von uns haben vermutlich schon einmal eine Branchenanalyse gelesen. Ein bestimmtes Marktsegment wird mithilfe von öffentlichen Zahlen, Umfragen und Trendanalysen möglichst tief durchdrungen, um Geschäftschancen und -risiken möglichst realistisch abwägen zu können.
Warum gibt es so etwas in unserem Bereich selten bis gar nicht? Mit dem folgenden Beispiel werden wir versuchen, euch mithilfe von ein paar Auszügen aus drei aktuellen Studien zu den Vorlieben und Abneigungen von Softwareentwicklern von der Sinnhaftigkeit einer solchen Praxis im Kontext der strategischen Talent Acquisition zu überzeugen.
Was suchen ITler?
Fangen wir ganz oben an. Was glaubt ihr, ist Entwicklern in ihrem Job besonders wichtig? Vielleicht eine Aufgabe mit tieferem Sinn? Nicht ganz. In der im Jahr 2023 weltweit durchgeführten ITler Studie von JetBrains (mit 26.348 Teilnehmern) stehen flexible Arbeitszeiten (70 %), Geld (70 %) und das Gefühl, etwas erreichen zu können (67 %) an der Spitze der Prioritäten. Die Welt verbessern kommt erst auf Platz 5 (39 %).
Aus dieser einfachen Erkenntnis könntet ihr ableiten, dass man sich kreative Märchen über die Sinnhaftigkeit der Aufgabe in der Stellenanzeige größtenteils sparen kann. Stattdessen sollte man vielleicht mit einer Gehaltsangabe einsteigen. Diese Einsicht wird übrigens auch durch den etwas kleineren europäischen DevReport 2024 von WeAreDevelopers bestätigt.
Die so eingesparte kreative Zeit könntet ihr dann beispielsweise dafür nutzen, eine grobe Orientierung für faire Gehälter zu finden. Gerade im Bereich der Softwareentwicklung ist es nicht einfach, einen guten Anhaltspunkt zu finden. Es gibt große Unterschiede zwischen Ländern, Unternehmensgrößen und vor allem Programmiersprachen.
Der große weltweite Stack Overflow Developer Survey 2024 (n=65.000) liefert hierzu sehr interessante und hilfreiche Daten. Besonders Benchmarks für Programmiersprachen oder Einsatzbereiche können für komplexe Organisationen mit vielen unterschiedlichen Profilen sehr nützlich sein, um die eigenen Gehaltsstrukturen zumindest näherungsweise ableiten zu können.
Also, ich hätte auf Anhieb nicht sagen können, dass es deutliche Gehaltsunterschiede zwischen C#- und Lisp-Entwicklern gibt. Ihr?
Wo findet man IT-Fachkräfte?
Ihr wisst nun, womit diese ITler gelockt werden können. Die logische Folgefrage ist, wie bzw. wo man sie am besten erreicht.
Bevor man jedoch mit der Analyse der möglichen passenden Kanäle beginnt, ist eine Erkenntnis besonders nützlich: Die wenigsten ITler sind wirklich zufrieden mit ihrem Job. Der internationale Survey von Stack Overflow geht davon aus, dass nur 20 % der Entwickler tatsächlich zufrieden sind. Das gibt Anlass zur Hoffnung, dass man mit einem passenden Angebot, gut platziert, durchaus Chancen auf dem Markt hat.
Die JetBrains-Studie liefert wertvolle Erkenntnisse für die Planung der Ansprache. Zwei Perspektiven sind dabei besonders spannend: ITler lieben vor allem Tutorials und News zur autodidaktischen Weiterbildung. Außerdem sind sie auf vielen Plattformen aktiv, auf denen sie gezielt mit Werbung angesprochen werden können.
Was hat das miteinander zu tun? Nun, es wäre denkbar, diese beiden Erkenntnisse clever zu kombinieren. Ihr könntet euch mit etwas hochwertigem Content, der über die passenden Plattformen beworben wird, von der Konkurrenz abheben. Wenn die Herausforderungen nicht groß genug sind oder niemand bei euch Lust auf Content als Köder hat, könnte bereits die Einbeziehung weniger offensichtlicher Kanäle der zweiten Reihe in den Personalmarketing-Mix für besseren Rücklauf sorgen.
Wie gewinnt man IT-Fachkräfte?
Habt ihr die ITler an der Angel, solltet ihr sie nicht leichtfertig verlieren. Der europäische DevReport 2024 von WeAreDevelopers legt den Fokus auf die Zufriedenheit der ITler mit dem Einstellungsprozess.
IT-Spezialisten bevorzugen offenbar maximal zwei Stufen im Prozess und schätzen gleichzeitig das persönliche Interview. Auf die zweite Erkenntnis hätte ich wirklich nicht getippt.
Vor dem Einstellungsprozess kommt allerdings noch die Karriereseite, die ihren Job sauber erledigen muss, um die ITler nicht zu verscheuchen. Hier gibt es oft noch einiges zu verbessern, denn die ITler haben an diesem Punkt häufig Kritikpunkte. Hier könnt ihr mit Sicherheit alle nachbessern.
Eine ungenaue Jobbeschreibung scheint den meisten ITlern wirklich ein Dorn im Auge zu sein. Tja, da wären wir wohl wieder am Anfang unserer Ausführungen. Schreibt einfach das GEHALT fett oben in die Beschreibung rein. Das müsste dann passen. 😊
Viel Erfolg!