Die Azubis sind knapp, die Fachkräfte werden knapper und gleichzeitig winken in einigen Berufen hohe Gehälter, während andere chronisch unterbezahlt sind. Wie sieht das zu Beginn des Berufslebens aus, wo liegt das Einstiegsgehalt? Eine interaktive Grafik des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, wie sich das Gehaltsniveau in Deutschland innerhalb verschiedener Kategorien unterscheidet – und gibt Berufseinsteigern damit eine Orientierung.
Innerhalb der Grafik lässt sich unterscheiden zwischen Berufseinsteiger:innen und Erfahreneren, nach Geschlecht, Region und Branche. Aber auch nach Abschluss. So ergeben sich für Fachkräfte, Beschäftigte mit Fortbildung/Bachelor oder einem höheren Universitätsabschluss verschiedene Top-Berufe, was das Gehalt angeht. Für Einsteiger:innen sind vor allem Berufe in Technik, Pharma, IT und Medizin lukrativ, wie unsere Grafik zeigt.
Einstiegsgehalt: Berufe mit Azubimangel locken selten mit guten Gehälter
In einem perfekten Markt würden Angebot und Nachfrage die Gehälter regeln. Tun sie aber nicht. Im vergangenen Jahr blieben viele Ausbildungsstellen unbesetzt – bei den Fleischer:innen war es fast jede zweite Stelle, wie der Berufsbildungsbericht der Bundesregierung zeigt. Und das liegt auch am Gehalt, denn mit einer guten Bezahlung locken die Mangelberufe nicht. Hinzu kommt eine hohe körperliche Belastung, was gemeinsam zu Schwierigkeiten bei der Berufsberatung führt.
Auf der anderen Seite sind auch die beliebtesten Ausbildungsberufe nicht die, die mit einem guten Gehalt winken: Die Top 3 Berufe, auf die sich 2020 die meisten Bewerber:innen erfolglos bewarben, sind Kosmetiker:in, Gestalter:in für visuelles Marketing und Tierpfleger:in, wie unser Artikel über den Azubi-Mangel zeigt. In allen drei Berufen verdienen Einsteiger:innen wenig: das mittlere Monatsbrutto liegt zwischen 1.700 und knapp 2.300 Euro. Dafür bieten diese Berufe den Auszubildenden kreative Möglichkeiten oder erfüllen Kriterien der Selbstverwirklichung.
Geringere Bezahlung, aber mehr Sicherheit?
Wer sich stärker spezialisiert, kann ein höheres Einstiegsgehalt erwarten, das zeigt die Grafik des IW Köln ebenfalls. Die Größe der Bubble gibt das Beschäftigungsvolumen der Jobs wieder. Denn vor allem in „Massenberufen“, also Jobs, von denen es sehr viele gibt, wird teilweise weniger gut gezahlt. Allerdings bieten diese Berufe dann eben im Gegenzug Sicherheit, weil die Wahrscheinlichkeit, eine Anstellung zu finden, verhältnismäßig höher ist.
Fazit: Gehalt ist nicht alles, aber ein wichtiger Hebel
Das Gehalt ist bei der Berufswahl ein wichtiges Kriterium, aber nicht das einzige. Ein hoher Bildungsgrad und Spezialisierung treiben das Gehalt häufig in die Höhe – Spezialisierung führt aber auch dazu, dass die angebotenen Stellen knapper sind.
Für die Berufsberatung kann das Einstiegsgehalt ein Faktor sein, denn gerade gut bezahlte Jobs sind häufig weniger bekannt, als Berufe, die in großer Zahl benötigt werden. Andererseits sind viele Mangelberufe nicht gut bezahlt, sodass für junge Menschen der Anreiz wegfällt, den Beruf zu erlernen. Mangelnde Karriereaussichten, geringe Möglichkeit zur Selbstverwirklichung und schlechte Arbeitsbedingungen tun dann ihr übriges.
Für die Berufsberatung und die Branchen, die mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen haben, gilt es, die richtige Mischung in der Außendarstellung zu finden: Bei einigen Jobs, etwa in der Pflege, ist die Jobsicherheit ein großer Faktor, den es herauszustellen gilt. In anderen Jobs, gerade im technischen Bereich, müssen spezialisierte und unbekannte Berufe mehr Sichtbarkeit bekommen, denn sie bieten ein gutes Einstiegsgehalt und Karrieremöglichkeiten.
Schlussendlich ist es die Mischung, die einen Beruf attraktiv macht – das Gehalt ist dabei eine Stellschraube, um einem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Unsere weiterführenden Artikel zum Thema:
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Unsere Datenerhebung zeigt: Nur wenige Stellenanzeigen enthalten eine konkrete Gehaltsangabe. Was bringt Gehaltstransparenz?
2020 gab es in Deutschland erstmals mehr Erstsemester-Studierende an Hochschulen und Universitäten als Neu-Azubis. Was sind die Gründe für den Azubimangel?
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