Kurzfassung
Die Pflegebranche kämpft mit der größten Fachkräftelücke aller Wirtschaftszweige – bis 2049 fehlen je nach Szenario 280.000 bis 690.000 Pflegekräfte. Gründe sind der demografische Wandel, unausgewogene Qualifikationsstrukturen (Fachkräfte vs. Helfer) sowie Arbeitsbedingungen, die vor allem Frauen (hoher Teilzeitanteil) belasten. Um Engpässe zu lösen, sind drei Hebel entscheidend: 1. Vereinbarkeit von Beruf und Familie (76 % priorisieren flexible Betreuung), 2. attraktive Bezahlung (bis zu 37 % höhere Gehaltswünsche) und 3. optimierte Personalausstattung (Entlastung durch Hilfskräfte, digitale Tools). Im Recruiting empfiehlt sich ein datenbasiertes Eskalationsmodell.
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Wirtschaftszweig Pflege: Ein Überblick
Es gibt Spitzenreiterpositionen, die will man gar nicht bekleiden. Unter den Top 10 Wirtschaftszweigen mit den absolut größten Fachkräftelücken thront unangefochten auf Platz 1: Das Gesundheitswesen. Eine Erstplatzierung, auf die die Branche, unser Gesundheitssystem und unsere Gesellschaft besser verzichten, gerade im Hinblick auf den demographischen Wandel und den wachsenden Fachkräftemangel in der Pflegebranche.
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Diagnose eines Wirtschaftszweigs: Wer arbeitet in der Pflege und wie viele Pflegekräfte fehlen?
Im Jahr 2023 gab es in Deutschland 1,69 Millionen erwerbstätige sozialversicherungspflichtige Pflegekräfte. Diese umfassen die unterschiedlichen Anforderungsniveaus Helfer, Fachkräfte und Spezialisten/Experten.
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Der Großteil der Beschäftigten in der Pflegebranche arbeiten in Krankenhäusern, stationären Pflegeeinrichtungen und der ambulanten Pflege. Das Anforderungsniveau ist dabei in Krankenhäusern am höchsten.
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Verglichen mit den Gesamt-Beschäftigten arbeiten in der Pflege überdurchschnittlich viele Frauen. Auch der Teilzeit-Anteil ist mit 51 % überdurchschnittlich hoch.
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Der Pflege-Arbeitsmarkt ist stark von Fachkräftemangel geprägt. Denn während Fachkräfte und Spezialisten dringend gesucht werden, stehen auf dem Markt vorrangig Helfer zur Verfügung.
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Während schon jetzt zehntausende Fachkräfte in der Pflege fehlen, wird der Bedarf an Pflegekräften bis 2049 voraussichtlich noch um etwa ein Drittel auf 2,15 Millionen steigen, wie das Statistische Bundesamt in seiner Pflegekräftevorausberechnung ermittelt hat. Dort wird geschätzt, dass im Jahr 2049 zwischen 280.000 und 690.000 Pflegekräfte fehlen werden – je nachdem, ob die Trend- oder die Status-Quo-Variante Anwendung findet.
Die Prognose des Fachkräftemangels beruht dabei methodisch auf zwei Varianten:
- Die “Trend-Variante” der Pflegekräftevorausberechnung geht davon aus, dass die Zahl der erwerbstätigen Pflegekräfte bis 2034 auf 1,74 Millionen und bis 2049 auf 1,87 Millionen steigen wird. Nach dieser Variante würde bereits im Jahr 2034 ein Mangel von 90.000 Pflegekräften bestehen, der sich bis 2049 auf 280.000 vergrößern würde.
- Die “Status quo-Variante” berücksichtigt nur die Auswirkungen der demografischen Entwicklung und geht von einem Rückgang der Zahl der Pflegekräfte auf 1,48 Millionen im Jahr 2034 und 1,46 Millionen im Jahr 2049 aus. Nach dieser Variante würden im Jahr 2034 rechnerisch 350.000 Pflegekräfte fehlen, bis 2049 würde sich diese Zahl auf 690.000 erhöhen.
Die Definition von Pflegekräften in der Vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes konzentriert sich auf beruflich Pflegende und berücksichtigt Berufe der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege sowie Altenpflege. Die Abgrenzung erfolgt über die Klassifikation der Berufe und die Wirtschaftszweige.
Fazit: Die Studie zur Vorausberechnung der Pflegekräfte belegt eindrucksvoll, dass der demografische Wandel – die steigende Anzahl an Pflegebedürftigen und der gleichzeitige Rückgang an verfügbaren Pflegekräften – zu einem wachsenden Engpass im Pflegearbeitsmarkt führt.
Wie Pflegekräfte gewinnen oder halten?
Um neue Arbeitskräfte für Pflegeberufe zu gewinnen und – ebenso wichtig – aktive Pflegekräfte zu halten, sind neben weiteren Maßnahmen die Arbeitsbedingungen entscheidend. Doch worauf legen Pflegekräfte besonderen Wert?
In einer der größten Untersuchungen zu beruflich Pflegenden der vergangenen zehn Jahre ermittelte das Bundesministerium für Gesundheit, was sich Pflegekräfte von ihrem Arbeitsplatz der Zukunft wünschen. Mehr Gehalt? Ja, aber das steht nicht auf Platz 1.
Wenn Pflegende drei Wünsche frei hätten…
1. Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf
Schichtdienst, Arbeiten an Feiertagen und Personalengpässe stehen in vielen Pflegeberufen an der Tagesordnung. 76 Prozent der Befragten wünschen sich daher vor allem eine Betriebs-Kita mit flexiblen Kinderbetreuungsmöglichkeiten, gefolgt von Ferien-, Notfall- und Randzeitbetreuungsangebote. Diesem Bedürfnis räumten die Befragten die höchste Priorität ein, was sich im durchschnittlichen Rang widerspiegelt. Auch ansonsten drehen sich die Wünsche in beeindruckenden 7 von 10 gewünschten Unterstützungsmaßnahmen um die Kinderbetreuung.
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Eine wichtige Erkenntnis der Studie: Teilzeit-Beschäftigte in der Pflege würden ihre Arbeitszeit bei einer besseren Vereinbarkeit sowie einer besseren Entlohnung mehrheitlich um bis zu zehn Stunden pro Woche erhöhen. Grund und Motivation genug, um an flexibleren Arbeitszeit- und Schichtmodellen zu arbeiten, oder?
2. Attraktive Bezahlung
In unserem Blogartikel Mythen und Vorurteile in der Pflege: Knochenjob mit Sinn? Haben wir bereits vor Jahren begründet, warum die Pflegebranche besser bezahlt werden sollte. Eine aktuelle Studie des Pflegenetzwerks Deutschland quantifiziert diesen Wunsch:
“Im Durchschnitt wird von Pflegefachpersonen ohne Leitungsverantwortung eine um 37 Prozent und bei Pflegefachpersonen mit Leitungsfunktion eine um 30 Prozent höhere Bezahlung als angemessen betrachtet. Der Wunsch nach einer besseren Bezahlung ist gerade bei Berufsanfängerinnen und -anfängern sowie Auszubildenden sehr ausgeprägt.” Auch Quereinsteiger und Berufsrückkehrer würden laut der Befragten durch eine höhere Bezahlung motiviert, (wieder) in die Pflege zu wechseln.
Ein Blick auf die Gehaltsentwicklung in der Pflege zeigt allerdings, dass die Gehälter auch vor der Einführung der Tariflöhne kontinuierlich gestiegen sind. Die Studie des Pflegenetzwerks ordnet die Lage folgendermaßen ein: “In Krankenhäusern wird bereits seit vielen Jahren im Branchenvergleich überdurchschnittlich gut bezahlt, sowohl im Helfer- als auch im Fachkraftbereich.
Auch die Bezahlung in der Alten- bzw. Langzeitpflege ist in den letzten Jahren überdurchschnittlich gestiegen – auch schon vor Einführung der Verpflichtung zur Zahlung nach Tarif. Sie hat mittlerweile bei den Fachkräften das Durchschnittsniveau über alle Branchen überschritten. Auszubildende in Gesundheits- und Pflegeberufen verdienen bereits heute mehr als Auszubildende in allen anderen Branchen. Im Jahr 2022 lag ihr Monatsverdienst nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Schnitt bei 1.139 EUR brutto. Zum Vergleich: Im Handwerk lag der Monatsverdienst der Auszubildenden im Schnitt bei 901 Euro.”
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Verstecken muss sich die Pflege im Vergleich zu anderen Branchen also nicht. Da der Gehaltsfaktor weiterhin wichtig für die Entscheidungsfindung ist, lohnt es sich zu überlegen: Sind die Gehälter für Auszubildende, Berufsanfänger, Quereinsteiger oder Wiedereinsteiger transparent genug? Ansätze im Employer Branding, die auf eine verbesserte Bezahlung sowie auf Vereinbarkeit abzielen, könnten – bei einer prominenten Platzierung in den Stellenanzeigen – eine vielversprechende Maßnahme sein, um neue Mitarbeiter (wieder) zu gewinnen.
3. Gute Personalausstattung und Arbeitsorganisation
Die Pflege-Ausbildung umfasst drei Jahre intensiven praktischen und theoretischen Lernens und die Branche dürstet nach Fachpersonal mit speziellen Qualifikationen. Gleichzeitig umfasst deren Arbeitsalltag in der Praxis viele Hilfstätigkeiten. Hier liegt großes Optimierungspotenzial. So könnten Hilfskräfte wie z. B. Quereinsteiger den Arbeitsalltag des Fachpersonals entlasten und anschließend fortgebildet werden. Rund 85 Prozent der Befragten aus dem Pflegebereich sind überzeugt, dass eine solche Zusammensetzung des Teams das Berufsfeld der Pflege attraktiver machen würde.
Auf der Wunschliste stehen außerdem
- partizipative Führungsmodelle
- Stärkung der Pflegeprofession
- ein digitaler Arbeitsplatz sowie
- die aktive Förderung von Berufseinstieg und Berufsverbleib.
Die Umfrage liefert also wertvolle Hinweise darauf, wie Pflege-Stellen attraktiver werden. Arbeitgeber sollten also prüfen, wo sie bei den Arbeitsbedingungen bereits punkten können und dass in ihren Stellenanzeigen laut und klar kommunizieren.
Direkt kostenlos anmelden! Oder das Programm hier abrufen.
Pflegekräfte finden dank Recruiting-Eskalationsmodell
Nun gilt es den richtigen Recruiting-Mix zu finden, um Fachkräfte, Spezialisten, Auszubildende sowie Quer- und WiedereinsteigerInnen gezielt zu erreichen. Am Erfolgversprechendsten sind Recruiting-Eskalationsmodelle, die es je nach Engpasslage der Berufsbilder ermöglichen sowohl den aktiven als auch den passiven Arbeitsmarkt anzugehen.
Daten als Methodenweiche
Um bei der Methodenwahl nicht unnötig Zeit zu verlieren und zu verhindern, dass ungeeignete Maßnahmen Budget verschwenden, braucht es ein klares System zur Entscheidungsfindung. Am einfachsten lässt sich das im Recruiting-Alltag mit Arbeitsmarktdaten umsetzen. Betrachtet man z.B. das lokale Fachkräfteangebot in Kombination mit Vakanzzeit- und Wettbewerbsdaten, kann selbst ein Berufseinsteiger klar erkennen, welche Methode am Zielführendsten ist.
Online-Portale für Berufe in der Pflege
Programmatic Job Advertising ist bei der Besetzung von Positionen in der Pflege eine sinnvolle Basis im Recruitingmix. Es löst grundsätzlich drei Probleme im Recruiting: eine geringe Bewerberreichweite, fehlende Einblicke in die Candidate Journey und einen hohen manuellen Arbeitsaufwand.
Durch den Einsatz von Datenanalyse automatisiert und optimiert Programmatic Job Advertising die Platzierung von Stellenanzeigen und stellt über das bespielte Jobsuchmaschinen-Netzwerk sicher, das aktiv Stellensuchende die eigene Anzeige wirklich sehen. Das ist nicht nur effektiv, sondern senkt auch die Kosten in der Personalbeschaffung. Denn Programmatic Job Advertising basiert auf auf dem Cost per Click-Modell und berechnet anders als Laufzeitanzeigen nur die tatsächlich erreichten Anzeigenaufrufe. Das spart im Vergleich gerade bei den pflegetypischen Engpass- und Mangelberufen leicht 30 Prozent Budget und mehr.
Etablierte Nischenportale für die Gesundheitsbranche können ein weiterer sinnvoller Baustein im Pflege-Personalmarketing sein. Ihr Fokus auf Pflegeberufe und Stellenangebote sowie Informationen zur Aus- und Weiterbildung sorgt für niedrige Streuverluste. Da die schwierige Marktsituation immer mehr Nachahmer anzieht, und einige altgediente Plattformen über die Jahre an Attraktivität für Stellensuchende und Google verloren haben, ist eine sorgfältige Auswahl und Erfolgskontrolle hier unbedingt notwendig. Enttäuschungen vermeidet meist ein Austausch im eigenen Recruiter-Netzwerk sowie eine Reichweitenanalyse mit dem Webstatistikdienst SimilarWeb. Teilt man den dort kommunizierten Schätzwert durch die Anzahl gelisteter Stellen, erhält man die grobe Durchschnittsreichweite der eigenen Anzeige.
Digitale Kampagnen
Viele Pflegekräfte suchen nicht aktiv nach neuen Stellen, können aber durch gezielte Anzeigen in ihrem alltäglichen Online-Verhalten angesprochen werden.
Um mit digitalen Kampagnen Stellen in der Pflege zu besetzen, braucht es vorab eine saubere Zielgruppenanalyse & Personas. Hilfreich ist hier das Wissen um die Strukturmerkmale der Pflegekräfte und die verschiedenen Anforderungsniveaus in den Positionen. Werbeanzeigen in Websuchmaschinen und Social Media, die die relevanten Benefits ausspielen, öffnen die Tür zum passiven Pflege-Arbeitsmarkt und stärken die eigene Employer Brand. Da die Erstellung und Aussteuerung der Ads und SEA-Maßnahmen einen nicht zu unterschätzenden Arbeitsaufwand verursachen und Einiges an Fachwissen und Routine erfordern empfiehlt sich die Umsetzung mit einem erfahrenen Partner.
Direktansprache
Active Sourcing scheint auf den ersten Blick keine erfolgsversprechende Maßnahme bei der Besetzung von Pflegeberufen zu sein. Hier ist das Anforderungsniveau ausschlaggebend. Spezialistenpositionen mit Führungsverantwortung, wie eine Pflegedienstleitung, können bei richtiger Durchführung durchaus über die Direktansprache von Kandidaten und Kandidatinnen besetzt werden. Findige Active Sourcer haben auch schon bei Instagram oder Tinder PflegerInnen gefunden.
Das Recruiting in der Pflegebranche bleibt kniffelig. Mit einem strategischen Recruitingansatz, der einen Mix aus verschiedenen Methoden kombiniert kann es aber zuverlässig gelingen. Wenn Ihr Interesse an einem Eskalationsmodell aus einem Guss habt, guckt Euch gerne unseren Jobspreader an. Wir teilen gerne unsere Erfahrungen im Pflegebereich mit Euch.