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Ausbildung im Handwerk: Azubis… verzweifelt gesucht

Das neue Jahr ist noch taufrisch und man kann sich kaum retten vor den zahllosen guten Vorsätzen, den Diät-Tipps und den waghalsigen Trendanalysen für 2019. Wir dachten, da üben wir uns dieses Jahr (vorerst) mal in Zurückhaltung. Statt mit guten Vorsätzen starten wir mit einem kleinen Report zum Thema Ausbildung im Handwerk ins neue Jahr. Im BIBB Report erschienen im Oktober des gerade vergangenen Jahres die Ergebnisse einer Befragung von Schülern und Ausbildungsverantwortlichen und widmet sich der Frage was eine Ausbildung im Handwerk attraktiv macht.

Bekannt ist, dass viele Ausbildungsplätze hierzulande unbesetzt bleiben. Davon bleibt das Handwerk nicht unberührt – sogar das Gegenteil ist der Fall. Laut der Studie hat sich die Anzahl der unbesetzten Handwerksstellen zwischen 2009 und 2017 verdreifacht, in manchen Region blieben 20 bis 30 Prozent der Stellen offen. Welche Ursachen die Studienmacher vermuten, welche gesellschaftlichen und sozialen Faktoren die Ausbildungswahl beeinflussen und was Betriebe unternehmen können, um diesen Umständen entgegen zu wirken, fassen wir im heutigen Artikel für Euch zusammen.

Woran liegt’s? Ursachen für unbesetzte Azubi-Stellen im Handwerk

Die Gründe dafür, dass viele Stellen im Handwerk unbesetzt bleiben, sind selbstverständlich vielschichtig. Auch ist Handwerk nicht gleich Handwerk, unterschiedliche Berufe haben zum Teil sehr unterschiedliche Nachfragen an Ausbildungsstellen:

Azubi_Mangel_Nachfrage_nach_Ausbildungsberufen_im_Handwerk
Quelle: BIBB Report – Was eine Berufsausbildung im Handwerk attraktiv macht – Ergebnisse einer Befragung von Jugendlichen

Grundsätzlich sind die demografische Entwicklung und eine allgemein sinkende Nachfrage nach Ausbildungsstellen Faktoren auf der Makroebene. Hinzu kommen aber auch regionale Eigenheiten: je stärker die Konkurrenz zwischen einzelnen Wirtschaftszweigen vor Ort ist, desto schlechter stehen die Chancen für Handwerksbetriebe, Auszubildende zu finden. Industrie und Handel sind hier etwa besser aufgestellt.

Zudem zeigt sich seit Jahren ein starker Trend zur Akademisierung: immer mehr Schüler machen einen Abschluss, der sie dazu berechtigt, eine Hochschule zu besuchen, während gleichzeitig immer mehr Bundesländer die Hauptschule abschaffen, die laut der Studie traditionell die Hauptklientel des Handwerks bildet(e).

Schön und gut. Aber wieso gehen besonders den Handwerksbetrieben die Auszubildenden aus? Die Studie glaubt, es liegt zum einen an der mangelhaften Attraktivität der Berufe für Jugendliche. Fast genau so entscheidend sind aber zum anderen die soziale Herkunft der Schüler und die Bildungserwartungen der Eltern.

Faktoren der sozialen Herkunft, Identität und Bildungserwartungen: Eltern und Kinder mit persönlichen Bezug zum Handwerk offener gegenüber einer Ausbildung im Handwerk

Obwohl die Befragungen ergab, dass sich die Jugendlichen gute Chancen ausrechnen einen Ausbildungsplatz im Handwerk zu finden, konnten sich lediglich 17% der Schüler (darunter 27% der männlichen und nur 7% der weiblichen) vorstellen, später eine Ausbildung im Handwerk zu machen. 47% lehnten diesen Karriereweg ab, immerhin 35% reagierten mit “vielleicht”.

Ein Zusammenhang besteht laut den Studienmachern vor allem zwischen den Berührungspunkten der Familie mit dem Handwerk und der Neigung der Schüler, eine Ausbildung im Handwerk für sich selbst in Betracht zu ziehen. Sind die Eltern selbst handwerklich tätig und/oder gibt es viele Handwerker im näheren Verwandten- und Bekanntenkreis, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Kinder das Handwerk als positive Berufsperspektive wahrnehmen. Zusätzlich spielen auch die Bildungserwartungen eine Rolle: wünschen sich die Eltern, dass ihre Kinder die Abiturprüfungen ablegen und ein Studium aufnehmen, sinkt die Affinität zum Handwerk.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Suche nach einer individuellen Identität bei den Jugendlichen. Naturgemäß wünschen sich viele Jugendliche Anerkennung und Identitätsstiftung im Zusammenhang mit ihrem späteren Job. Das Handwerk strahlt hier jedoch nur wenig Anziehungskraft aus. So werden das gesellschaftliche Ansehen und auch die Gehaltschancen von den befragten Jugendlichen als eher mäßig eingeschätzt.

Schlüssig ist, dass die Jugendlichen, die bedingt durch ihr soziales Umfeld und die Bildungserwartungen an sie eine hohe Handwerksaffinität zeigen, auch ein insgesamt positiveres Bild dieser Berufe haben und zum Beispiel die Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten in handwerklichen Jobs besonders positiv bewerten.

Insgesamt zeigt die Befragung hier also zum einen, dass die Herkunft und Beziehung zum Handwerk bei der Erwägung einer Ausbildung in diesem Bereich von großer Bedeutung sind, zum anderen zeigen sich aber auch große Unterschiede bei der Beurteilung einzelner Handwerksberufe. Diese stehen zum Teil im Kontrast mit den “objektiveren” Einschätzungen der Fachleute (also den Ausbildungsverantwortlichen).

Die Jugendlichen sind sich jedoch darüber bewusst, dass ihre Einschätzungen stark subjektiv geprägt sind – vor allem auch davon, wie viel oder wenig sie über die jeweiligen Handwerksberufe zu glauben wissen. Die Befragung zeigt, dass die wahrgenommene Attraktivität der Handwerksberufe steigt, je mehr (subjektive oder “objektive”) Kenntnisse über die Berufe vorhanden sind. Viele Jugendliche neigen dazu, die Berufe an sich und die einhergehenden Merkmale zu unterschätzen:

Einschätzung von Handwerksberufen
Quelle: BIBB Report – Was eine Berufsausbildung im Handwerk attraktiv macht – Ergebnisse einer Befragung von Jugendlichen

Besonders erschwerend kommt hinzu, dass die Jugendlichen häufig ein überholtes Bild von den Berufen haben, etwa über technische Innovationen sind die meisten gänzlich uninformiert.

Die Zukunft des Handwerks hängt nicht an einer lokalen Azubi-Marketingkampagne

Den befragten Jugendlichen ist bewusst, dass in vielen Berufszweigen im Handwerk händeringend nach Nachwuchs gesucht wird. Eine sichere Stelle macht die Handwerksberufe für sie jedoch nicht automatisch attraktiv. Wenn noch Faktoren der sozialen Herkunft und die Bildungserwartungen der Eltern hinzukommen, scheint es auf den ersten Blick, als wären viele Jugendliche für Handwerksbetriebe nicht erreichbar.

Doch die Studie ergab eben auch, dass es teilweise an den mangelnden Kenntnissen über die einzelnen Ausbildungsberufe liegt, dass Jugendliche diese Berufswege unterschätzen. Was können Betriebe also tun, um auf Jugendliche attraktiver zu wirken?

Die Antwort scheint zuerst simpel: Informieren. Vor allem darüber, wie sich die Berufe in jüngerer Zeit weiterentwickelt haben. Allerdings auch viel umfassender, laut der Studie nämlich “identitätspsychologisch”. Solche Maßnahmen binden nicht nur Jugendliche, sondern auch notwendiger Weise das soziale Umfeld mit ein. Hier geht es darum, dass Bild von handwerklichen Berufen (vor allem gegenüber akademischen) gesellschaftlich aufzuwerten – was kleine Betriebe allein wohl kaum stemmen können.

Die Studienmacher führen verschiedene Vorgehensweisen an, die dazu beitragen könnten, das Image des Handwerks grundlegend zu verbessern, zum Beispiel indem gestalterisch-handwerkliche Fächer in weiterführenden Schulen unterrichtet werden oder die Aufhebung der strikten Trennung von Studierenden und Azubis, etwa durch gemeinsame Wohnheime.

Als konkreter Handlungsansatz nennen die Verfasser der Studie den verstärkten Einsatz von “Ausbildungsbotschafter/-innen”, die Schülern, vor allem auch solchen mit Abitur, als positive Identifikationsfiguren dienen sollen. Dem Handwerk, so vermittelt es die Studie, steht keine leichte Zukunft bevor – zumindest nicht im Bezug auf Azubi-Recruiting.

Die Studie mit noch mehr Informationen gibt es bei BIBB.de zum Download.

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