Hohe Bewerbungsdauer Titelbild

Bewerbungsdauer: Liebe Unternehmen, kommt mal in die Puschen!

Die meisten Bewerbungsprozesse dauern lang. Im Schnitt zu lang. Zu diesem Schluss kamen wir bereits 2019, als wir euch den Bewerbungsreport „Wie nehmen Kandidat:innen aktuell Recruitingprozesse wahr?“ aus dem Hause softgarden vorstellten. Drei Jahre und eine globale Pandemie später hat das Thema nicht an Relevanz verloren – im Gegenteil. Komplizierte und vor allem langsame Bewerbungsprozesse kosten die Unternehmen nicht nur Kandidat:innen, sondern auch Ansehen – und im schlimmsten Fall sogar Kunden. 

Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, den Artikel von damals neu aufzulegen, zu erweitern und nochmals einen Blick auf die Key-Findings des Bewerbungsreports zu werfen. 

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Wie zufrieden sind Bewerber:innen mit aktuellen Recruitingprozessen? 

Damals wie heute sind wir überrascht, wie zufrieden Bewerber:innen mit aktuellen Bewerbungsprozessen sind. 62,7 % der Teilnehmer:innen gaben an, dass Arbeitgeber „den Bewerbern schon heute einen guten Service“ bieten. Das sind immerhin mehr als die Hälfte und zudem auch mehr, als bei der gleichen Befragung vier Jahre zuvor.  

Zufriedenheit mit dem Bewerbungsprozess
Quelle: softgarden – Bewerbungsreport – Wie nehmen Kandidaten aktuell Recruitingprozesse wahr?

Ein nicht zu vernachlässigender Anteil von knapp 37 % der Befragten gab allerdings an, dass sich Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels ruhig etwas mehr ins Zeug legen könnten. Im Mittelpunkt der Kritik stehen vor allem die Bereiche Einfachheit der Online-Bewerbung, unangemessene Dauer des Bewerbungsverfahrens und schlechte Kommunikation.

Warum Bewerber:innen den Bewerbungsprozess frühzeitig abbrechen 

Dass noch nicht alles so rosig ist, wie die erste Grafik es vermuten lässt, zeigt die Abbruchquote bei Bewerbungen. Fast 60 % der Befragten haben schon einmal einen Bewerbungsprozess frühzeitig beendet, obwohl Interesse für die ausgeschriebene Stelle vorhanden war. Die Gründe dafür sind naheliegend: 

Gründe für den Abbruch des Bewerbungsprozesses
Quelle: softgarden – Bewerbungsreport – Wie nehmen Kandidaten aktuell Recruitingprozesse wahr?

Umständliche Bewerbungsverfahren, insbesondere umständliche Bewerbungsformulare, haben wir wohl alle schon einmal gesehen. 35 Pflichtfelder, zahlreiche Anhänge und keine Verknüpfungen mit sozialen Netzwerken wie Xing oder LinkedIn? Ein Graus! Aber der absolute Killer? Log-In-Zwang. 

„Ich bin Bewerber und kein Personalsachbearbeiter, der seine Daten unbezahlt selbst eingibt. Lebensläufe in Masken tippen ist das Letzte! Einen Account anlegen zu müssen, ebenso. Was soll ich mit 150 Accounts?“ 

oder 

„Sehr umfangreiches Onlineformular hat nicht funktioniert, zwei Stunden Arbeit waren umsonst. Niemand zu erreichen, um nach Hilfe zu fragen. Erneute Bewerbung hat das System verboten”, heißt es dazu in Kommentaren von Teilnehmer:innen.

In unserer neuesten Online Recruiting Studie haben wir uns die Bewerbungsformulare der größten DAX-Unternehmen selbst einmal vorgeknöpft. Dabei sind wir zum erschütterten Ergebnis gekommen, dass noch immer 46 % der Unternehmen auf einen Log-In-Zwang setzen. Darüber hinaus waren es durchschnittlich 8 Pflichtfelder, die Bewerber:innen auszufüllen hatten, bevor sie ihre Bewerbung abschicken konnten. Noch fataler fiel jedoch das Ergebnis für die Mobiloptimierung der Bewerbungsformulare aus: Nur 41 % der untersuchten Formulare hatten die Felder für Tablet, Smartphone und Co. optimiert. Hier ist definitiv noch Luft noch oben, speziell für Unternehmen, die ein jüngeres Publikum ansprechen wollen.

Fast genauso unbeliebt ist die überlange Zeit, die der Bewerbungsprozess in Anspruch nimmt – zum Thema Bewerbungsdauer aber im nächsten Abschnitt mehr. 

Weiterhin findet sich unter den ersten drei Gründen für einen Abbruch des Bewerbungsprozesses das unsympathische Auftreten von Unternehmensvertreter:innen. Das ist natürlich ein Schlag für Unternehmen, denn an dieser Stelle nützt es nichts, Prozesse zu optimieren, besser erreichbar oder reaktionsschneller zu werden. Hier sind Soft-Skills gefragt, die ja so gern belächelt werden. 

Nicht vergessen werden sollten aber auch die letzten beide Gründe für einen Abbruch: Bei „Sonstiges“ wurde laut der Studie besonders oft das schlechte Abschneiden von Unternehmen auf Arbeitgeberbewertungsplattformen genannt. Und immerhin 9 % haben die Bewerbung aufgegeben, weil es keine adäquate Möglichkeit gab, sich von ihrem mobilen Endgerät aus zu bewerben. 

Unternehmen sollten sich diese Ergebnisse auf der Zunge zergehen lassen. Mangelhafte Bewerbungsprozesse machen zunichte, wofür das Personalmarketing ja eigentlich kämpft – nämlich die Aufmerksamkeit von potenziellen Kandidat*innen auf einem zum Teil sehr schwierigen Markt. Und das bereits an einem Punkt im Bewerbungsprozess, an dem sich Bewerber:innen hatten vorstellen können, für das Unternehmen tätig zu werden. 

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Bewerbungsdauer: Die Geduld der Bewerber:innen hat ihre Grenzen

In der Studie heißt es über die Reaktion von Arbeitgebern: Langsame Reaktionszeiten interpretieren Bewerber als Desinteresse an der eigenen Person. Zudem stehen gerade die gefragten Bewerber:innen dem Markt nur in einem kurzen Zeitfenster zur Verfügung“. So ist es. Recruiter:innen, die mit den eigenen langwierigen Prozessen zu kämpfen haben, wird es bekannt vorkommen: eine Absage von eigentlich passenden Kandidat:innen mit der Begründung „Habe mittlerweile eine andere Stelle gefunden“. 
 
Und wen wundert’s? Kandidat:innen haben es tendenziell eilig damit, eine neue Stelle zu finden (das liegt in der Natur der Sache). Und in Zeiten von One-Klick-Bestellungen im E-Commerce-Bereich ist es generell so, dass der Geduldsfaden kürzer wird. Das gilt genau so für das Bearbeiten von Online-Bewerbungsformularen wie für die Reaktionszeit von Unternehmen auf abgeschickte Bewerbungsunterlagen oder die Einladung zum Vorstellungsgespräch. Die Geduld der Bewerber:innen zu strapazieren ist also kein gutes Startzeichen für eine mögliche Zusammenarbeit. Bei der Bewerbungsdauer können Unternehmen, wenn sie fix sind, also ordentlich punkten – oder es gründlich versemmeln. Eine Wartezeit von 1 bis 2 Wochen vom Eingang der Bewerbung bis zur Einladung zum Vorstellungsgespräch war hierbei für den Großteil der Befragten das Maximum 

Höchste Bewerbungsdauer
Quelle: softgarden – Bewerbungsreport – Wie nehmen Kandidaten aktuell Recruitingprozesse wahr?

 

So weit also zu den Vorstellungen der Bewerber:innen. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Wie hoch ist die durchschnittliche Bewerbungsdauer wirklich?  
 
Auch hierzu lieferte die Studie eine – wenn auch sehr ernüchternde – Antwort: Über die Hälfte der Befragten gab an, dass schon mal 2 bis 3 oder sogar über 4 Wochen vergehen können, bis sie eine Einladung zum Bewerbungsgespräch erhalten.  

 

Realistische Bewerbungsdauer
Quelle: softgarden – Bewerbungsreport – Wie nehmen Kandidaten aktuell Recruitingprozesse wahr?

Zu dem Schluss, dass es schlicht zu lange dauert, bis Arbeitgeber ihren Bewerber:innen eine Rückmeldung geben, kommt auch eine weitere Studie von glassdoor aus dem Jahre 2015: Hier zeigte sich in Deutschland eine durchschnittliche Bewerbungsdauer von 28,8 Tagen. Ein besonderes Ärgernis für die Teilnehmer:innen ist dabei die Dauer, die Unternehmen für eine Absage brauchen – wenn denn überhaupt eine kommt. 
 
Da stellt sich doch die Frage: Warum dauert der Bewerbungsprozess so lange? Eine Antwort darauf liefert die glassdoor-Studie ebenfalls: Sie beschäftigte sich nämlich auch mit den Einflussfaktoren, die den Bewerbungsprozess künstlich verlängern. 

 

Einflussfaktor Zusätzliche Dauer des Bewerbungsprozesses
Telefoninterview 6,8 bis 8,2 Tage
Gruppeninterview 5,6 bis 6,8 Tage
Persönliches Bewerbungsgespräch 4,1 bis 5,3 Tage
Hintergrundcheck 3,1 bis 3,4 Tage
Intelligenztest 2,6 bis 4,4 Tage
Präsentation der Bewerber:innen 2,7 bis 4,2 Tage

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