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Berufsbildungsbericht 2023: Unversorgte Bewerber treffen auf unbesetzte Stellen

Auch im Jahr 2022 wurde es auf dem deutschen Ausbildungsmarkt nicht langweilig, wie die Zahlen aus dem aktuellen Berufsbildungsbericht zeigen. Dem deutschen Arbeitsmarkt fehle nach Einschätzungen der Bundesregierung weiterhin der Nachwuchs. Ja, die Zahl der Auszubildenden steigt – aber die unbesetzten Ausbildungsstellen leider auch.

Kurz zur Einordnung: Der Berufsbildungsbericht bezieht sich auf Daten aus dem Ausbildungsjahr 2021/2022. Der Bericht wird jedes Jahr vom Bundesministerium für Bildung und Forschung veröffentlicht und soll die aktuelle Situation am deutschen Ausbildungsmarkt abbilden. Ergänzt werden die Zahlen vom Datenreport des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Am 10. Mai 2023 erschien die Kabinettfassung des Berufsbildungsbericht, über die der Bundestag am Mittwoch, 24. Mai 2023 beraten wird.

Berufsbildungsbericht 2020 bis 2022: Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge steigt

2020 war für alle ein hartes Jahr und auch der Ausbildungsmarkt erlitt herbe Verluste. Die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge verringerte sich um -11 Prozent auf insgesamt 467.485 in ganz Deutschland. Davon hat sich der Ausbildungsmarkt bis heute noch nicht erholt.

Im Jahr 2021 stieg die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zwar um 5.578 Verträge (+1,2 Prozent) auf 473.063, blieb aber weiterhin deutlich unter dem Wert vor der Pandemie im Jahr 2019 (525.038).

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) gab bekannt, dass bis zum 30. September 2022 insgesamt 475.144 neu abgeschlossene Verträge unterzeichnet wurden, was einen Anstieg um 2.081 Verträge (+0,4 Prozent) gegenüber 2021 versprechen würde. Und trotzdem bleibt die Zahl immer noch deutlich unter dem Niveau vor Corona.

Unversorgte Bewerber:innen und unbesetzte Stellen

Rein rechnerisch kamen 2022 100 Bewerber:innen auf 109,3 Ausbildungsstellen.

Es werden zwar mehr Ausbildungsplätze angeboten, die Zahl der Interessierten bleibt jedoch gleich. Seit einigen Jahren schon ist die Situation auf dem Ausbildungsmarkt von zwei scheinbar widersprüchlichen Entwicklungen geprägt: Auf der einen Seite haben Betriebe zunehmend Schwierigkeiten, ihre offenen Ausbildungsstellen zu besetzen und auf der anderen Seite gibt es immer noch viele junge Menschen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen.

Auch die Zahl junger Erwachsener zwischen 20 und 35 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung steigt: Dieser Anteil ist von 15,5 Prozent im Jahr 2020 (2,33 Mio. Personen) auf 17,8 Prozent im Jahr 2021 (2,64 Mio. Personen) gestiegen.

Berufsbildungsbericht 2023: Angebot und Nachfrage Auszubildende

Das betriebliche Ausbildungsangebot und die Nachfrage der Jugendlichen scheinen bereits mehrere Jahre in Folge aneinander vorbeizulaufen. Quelle: Berufsbildungsbericht 2023

Im Verlauf des Ausbildungsjahres 2021 / 2022 wurden bis zum Stichtag des 30. Septembers 2022 noch 68.868 unbesetzte Ausbildungsstellen gemeldet. Das entspricht einem Anstieg von ganzen +9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Noch deutlicher wird der Zuwachs an unbesetzten Stellen, wenn man die Zahlen mit denen aus dem Jahr 2019 vergleicht: Im Zweijahresrückblick stieg die Zahl an unbesetzten Stellen um +29,6 Prozent (+15.731).

Auch Befragungen innerhalb der Unternehmen zeigen, dass es für Ausbildungsstätten deutlich schwieriger geworden ist, passende Bewerber:innen zu finden. Laut eines Qualifizierungspanels des BIBB aus dem Jahr 2022 konnten 50 Prozent der befragten Betriebe ihre Ausbildungsstellen teilweise oder vollständig nicht besetzen.

Interessant ist dabei auch, dass große Unternehmen mit einer höheren Anzahl an Mitarbeiter:innen weniger Probleme haben, an Auszubildende zu kommen.

Dafür gibt es mehrere mögliche Erklärungen:

– Zum einen sind große Unternehmen bei jungen Menschen bekannter und aus verschiedenen Gründen attraktiver.
– Hinzu kommt, dass diese mehr Möglichkeiten im Recruiting haben und gezielter und effektiver die gesuchte Zielgruppe ansprechen können.
– Doch nicht nur die Größe des Unternehmens, sondern natürlich auch die verschiedenen Branchen und Regionen haben Einfluss auf die Beliebtheit.

Entwicklungen des Ausbildungsmarktes in einzelnen Berufsgruppen

Ausbildungsplätze in der Immobilienwirtschaft, im KFZ-Verkauf und in der KFZ-Technik, Softwareentwicklung, Tischlerei, im Gartenbau, der Verwaltung und im Büromanagement waren stark nachgefragt. Nicht so beliebt hingegen waren Friseurberufe sowie Ausbildungsstellen im Logistik- und Lebensmittelbereich sowie den Bau- und Metallberufen.

Auch in Bezug auf den direkten Rückgang der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Vergleich zum Vorjahr gab es einige Verlierer. Insbesondere der Beruf „Fachfrau/Fachmann für Systemgastronomie“ musste ordentlich einbüßen: Mit einem Minus von -52 Prozent weist dieser Ausbildungsberuf den stärksten Rückgang zum Vorjahr auf. Auch die Berufe der Hauswirtschafter:in (- 26,6 Prozent) und der Hochbaufacharbeiter:in (- 18,2 Prozent) mussten Federn lassen.

Der Beruf mit dem stärksten relativen Zuwachs war im Jahr 2022 die Tourismuskauffrau bzw. der Tourismuskaufmann. Insgesamt stieg die Anzahl an unterschriebenen Ausbildungsverträgen hier um +112,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch das Hotel- und Gastgewerbe und Ausbildungsberufe in der Veranstaltungsbranche nehmen wieder an Fahrt auf. Köche und Köchinnen haben einen Anstieg von +10,4 Prozent zu verzeichnen.

All das sind natürlich Berufe, die seit 2020 stark gelitten haben. Die Anstiege im Vergleich zu den Vorjahren sind daher natürlich ein Ergebnis der Corona bedingten Einbußen in den Jahren zuvor. Dennoch ist es schön zu sehen, dass junge Menschen Lust auf diese Berufe haben, obwohl diese in den letzten Jahren wirklich nicht als krisenfest bezeichnet werden konnten.

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Ausbildungsoffensive für Pflegeberufe: Kurzer Aufschwung

Zum 1. Januar 2020 startete die Ausbildungsoffensive für die Pflege. Bund und Länder haben zahlreiche Maßnahmen in drei Handlungsfeldern vereinbart; mit dem Ziel, die Pflegeausbildung zu unterstützen und attraktivere Ausbildungsbedingungen zu schaffen, sowie die Zahl an Auszubildenden und ausbildenden Betrieben zu steigern.

Der zweite Bericht erschien im November 2022 und zeigt: Die Offensive hat (zumindest kurzzeitig) Früchte getragen hat: Im Jahr 2020 stieg die Anzahl an Ausbildungsantritten um +2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Jahr 2021 begannen 61.329 junge Menschen ihre Ausbildung, was nochmal +7 Prozent mehr waren als im Jahr zuvor. Die Zahlen, die es bereits für 2022 gibt, sind noch sehr vage. Allerdings geht das Statistische Bundesamt davon aus, dass die Anzahl an abgeschlossenen Ausbildungsverträgen wieder um -7 Prozent gegenüber dem Vorjahr sank.

War der Aufschwung vielleicht doch nur krisenbedingt?

Pflegefachausbildung Berufsbildungsbericht

Die Eintritte in eine Pflegefachausbildung ist seit 2020 stetig gestiegen. Die Prognose für 2022 ist allerdings wieder rückläufig. Quelle: Ausbildungsoffensive Pflege (2019–2023) Zweiter Bericht

Prognose zur Entwicklung von Angebot und Nachfrage am Ausbildungsmarkt 2023

Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes ist recht schwer vorauszusehen, da sie von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird. Dazu gehören unter anderem konjunkturelle, demografische und gesamtwirtschaftliche Entwicklungen, ebenso wie gesellschaftlich-strukturelle Effekte wie das grundlegende Interesse an dualen Berufsausbildungen oder die Präferenz zum Studium.

Basierend auf den Ergebnissen von PROSIMA, dem ökonometrischen Prognose- und Simulationsmodell des BIBB zur Einschätzung der Ausbildungsmarktlage, wird erwartet, dass das Ausbildungsangebot im Jahr 2023 von 544.000 (2022) auf 550.500 (Prognose 2023) steigen könnte.
Das Modell prognostiziert außerdem eine Anzahl von 482.000 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Jahr 2023. Damit könnte die Zahl der Neuabschlüsse gegenüber dem Vorjahr (475.100) leicht ansteigen.

Die Herausforderung der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage wird auch in den kommenden Jahren weiter wachsen.

Den kompletten Berufsbildungsbericht gibt es hier zum kostenlosen Download. 

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